Der Kabarettist Hans-Dieter Hüsch, berühmt für seine scharfe Zunge, stammte von Niederrhein. Diese urige Landschaft an der holländischen Grenze wird von den Seitenarmen des Rheins zerschnitten, was ihr eine unverwechselbare Romantik gibt. „Richtig hingucken“, empfiehlt Hüsch. Das gilt auch beim Motorradfahren.
Autobahn A 57, Ausfahrt Alpen. Der Name klingt verwegen angesichts des Hauchs von einem Hügel, der die Lage des Ortes andeutet. Aber so isser halt, der Rheinländer. Freut sich über jede Erhebung. Auf einer mächtigen Stahlbrücke überqueren wir den Rhein, werfen einen Blick auf den Turm von Wesels Willibrordi-Kirche und folgen der Ausschilderung zur Stadtmitte. Dabei schlüpfen wir durch die massive Stadtmauer, die zusammen mit der Willibrordi-Kirche das einzige historische Überbleibsel Wesels bildet.
Der Abzweig in Richtung Jachthafen und Ausee bringt uns hinab zum Rhein. Ein Abstecher in die Fluss-Idylle. Ein gepflasterter Fahrweg schlängelt sich am Ufer entlang und hält großartige Ausblicke bereit. Das Café-Restaurant Zum Jachthafen lädt auf seiner Terrasse zum ersten Stopp des Tages ein.
Hinter Flüren dringen wir in die Welt der Altrhein-Arme ein. Ausschilderung Bislich. Auf einem schmalen, leicht kurvigen Sträßchen geht es an stillen Gewässern entlang. Bei diesen Altrhein-Armen handelt es sich um Wasserläufe, die der Hauptstrom irgendwann links liegen ließ. Jetzt sind es wahre Oasen der Ruhe. Trauerweiden hängen ihre Äste ins Wasser, Kühe grasen am Ufer, Angler warten auf Kundschaft.
Ein leicht zu übersehendes Schild weist in Bislich den Weg nach Rees. Die Fahrbahn entfernt sich nun etwas vom Rhein. Ein Stück vor Rees besteigt sie dann den Deich und folgt auf den nächsten Kilometern seiner Krone. Prima Ausblick. Auf der linken Seite der Rhein, rechts Bauernhöfe. Leichte Wechselkurven, Tempo 70. Schneller geht es ohnehin kaum. Man würde ja sonst das Panorama verpassen.
In Rees steht der Besuch des Ortskernes an. Sehr schön gemacht mit Kopfsteinpflaster und mehreren Cafés und Restaurants. In der Mitte gibt es Parkplätze fürs Motorrad. Wer direkt am Wasser pausieren möchte, sollte noch ein Stück weiterrollen bis zum Café Rheinterrassen. Dort sitzt man bei ausgezeichnetem Kaffee und Kuchen und kann in aller Ruhe die Rheinkähne beobachten.
Kurz vor der Rheinbrücke zweigt die Route rechts ab nach Grietherort. Wieder Altrhein, wieder Deichkronen, wieder Bauernhöfe. Wie Stricknadeln bewegen sich die Mastspitzen der Schiffe durchs Gelände. Ein paar leichte Schräglagen, dann fädeln wir uns bei Bienen auf die B 8 ein.
Über Emmerich nach Griethausen, dort geht es rechts ab nach Schenkenschanz. Altrhein pur. In puncto Stimmung das Glanzlicht der Tour. Das enge Sträßchen nimmt vollständig die Dammkrone ein. Flankiert wird es von Zäunen, die verhindern sollen, dass die schwarzweißen Kühe auf die Fahrbahn traben. Ein kleiner Jachthafen kommt in Sicht. Von dort aus tuckern die Boote gemütlich zum Hauptrhein vor. Was für ein Bild: Motor- und Segeljachten inmitten von Wiesen, Rindviecher auf Augenhöhe mit Freizeitkapitänen.
Per Fähre geht es von Schenkenschanz hinüber nach Düffelward. Dort rechts ab nach Keeken. Nun folgt die Landetappe dieser Tour. Die Straße fädelt einen Bauernhof nach dem anderen auf, windet sich zwischen Kartoffeläckern und Getreidefeldern hindurch und gibt der Nase reichlich Gelegenheiten, sich an die unterschiedlichsten Duftmarken der Landwirtschaft zu gewöhnen.
Kleve, dessen Namen auf den Begriff »Kliff« hinweist, begrüßt uns mit seinem farbenfroh angelegten Tierpark. Überragt wird die Stadt von der Schwanenburg.
Der Weg nach Kalkar führt über historischen Boden: Unsere beiden Räder rollen auf der ehemaligen Via Romana. Zwar ist von den antiken Steinquadern heute nichts mehr zu sehen, doch kann man an dem schnurgeraden Verlauf der Straße erkennen, dass die Römer damals immer die direkte Verbindung zwischen zwei Punkten suchten.
In Kalkar finden wir den städtebaulichen Höhepunkt des Tages vor. Denn der mittelalterliche Kern Kalkars ist nahezu naturgetreu erhalten. Im Quadrat rahmen gotische Giebel den Marktplatz ein, das prachtvolle Rathaus war zu seiner Bauzeit 1440 das größte nördlich von Köln. Heute ist sein Superlativ eher kulinarischer Natur: Auf der Terrasse des Ratskellers kann man bei leckerem Essen den Charme Kalkars auf sich wirken lassen. Der Tipp danach heißt Kalkarer Mühle. Sie ist am Marktplatz ausgeschildert und liegt ein paar hundert Meter entfernt. Der »Gallerieholländer« mahlt das Getreide in alter Tradition. In der Backstube gegenüber wird das Mehl zu Vollkornbrot verarbeitet.
Das heutige alkoholfreie Abschlussbier zischen wir am Café Zur Rheinfähre ein. Es liegt bildhübsch direkt am Anleger der Fähre hinüber nach Bislich. An schönen Wochenenden stehen ständig mehrere Dutzend Motorräder davor. Den Sonnenuntergang genießen, mit den Kollegen plaudern – schöner kann ein Motorradtag kaum zu Ende gehen.
Roadbook:
Alpen – Büderich – Wesel – Flüren – Bislich – Rees – Emmerich – Griethausen – Schenkenschanz – Düffelward – Kleve – Kalkar – Xanten – Sonsbek – Alpen (ca. 180 km)
Highlight:
In die Länge gezogen
Die Attraktion Emmerichs erreicht man auf der B 220 Richtung Kleve: die 1.187 Meter lange Hängebrücke. Die 12.500 Tonnen schwere Konstruktion wird von insgesamt 122 Tragseilen gehalten. Als Einzeldrähte aneinandergelegt ergäben sie eine Länge von ca. 10.000 Kilometern.
Motorradtreffs
Xanten: Gaststätte Zur Rheinfähre, direkt am Rheinufer, toller Blick auf den Fluss.
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