Was hat der Bär mit der spannendsten Motorradstrecke Rumäniens zu tun? Weil er dort gerne am Straßenrand steht und darauf wartet, gefüttert zu werden. Wer also den Transfagarasan, diese zirka 150 Kilometer lange Traumroute zwischen der Großen Walachei und Siebenbürgen, unter die Räder nehmen will, sollte ein paar Spielregeln beachten, die das Zusammenleben von Mensch und Bär vereinfachen und sicherer machen.
Transfagarasan - Eine Straße mit zwei Seiten
Der entlang des Transfagarasan heimische Braunbär ist ein beachtliches Tier: Er rennt so schnell wie ein Pferd, klettert sog gut wie eine Katze setzt außerordentlich geschickt seine Vorderpfoten ein. Er hört, riecht und sieht hervorragend, zum Beispiel kann er Menschen schon auf 300 Meter Entfernung hören und nach 40 Stunden noch riechen. Ein amerikanisches Sprichwort sagt: „Eine Tannennadel fällt zu Boden. Das Reh hört es, der Adler sieht es, der Bär riecht es.“Was er frisst, entscheidet er nach Geruch. Und damit wird es im Zusammenleben zwischen Bär und Mensch interessant. Denn der Braunbär weiß ganz genau, wo er schnell und leicht an Futter kommt: an den Rast- und Parkplätzen entlang des Transfagarasan. Zwar ist in Rumänien das Füttern von Bären unter Strafe verboten, doch halten sich viele Urlauber nicht an dieses Verbot. Ja, sie sind „sooo süß“, wenn sie am Straßenrand stehen und auf Futter warten. Weshalb ihnen also nicht ab und zu ein Leckerchen reichen? Weil Braunbären keine Haustiere sind. Zwischen 2016 und 2021 wurden 14 Menschen von ihnen getötet und 150 verletzt. Und zwar immer, weil sie gefüttert wurden und sich dadurch an Menschen gewöhnten. Der von Natur aus menschenscheue Bär verliert seine Angst und fordert seine Häppchen dann schon mal mit Nachdruck ein. Für den Besucher des Transfagarasan gilt deshalb: Bären niemals füttern, sich nicht in ihre Nähe wagen, keine Selfies knipsen. Dabei bitte auch an die Bären denken. Denn ein gefütterter Bär verliert seine Eigenschaft, sich selbst zu ernähren und kann in der Natur nicht mehr überleben.
Das Bärenproblem entlang des Transfagarasan ist nicht zuletzt Ursache der stark gestiegenen Beliebtheit dieser grandiosen Straße. Dabei hatte Staatspräsident Ceausescu genau das im Sinn, als er den Transfagarasan 1974 eröffnete: Neben der militärischen Nutzung ein Ankurbeln des Tourismus in den Karpaten. Denn die Route überquert mit dem Fagaras-Gebirge eine Region des Transsilvanischen Gebirges, das auch als Süd-Karpaten bezeichnet wird. Mit der ihm eigenen Rücksichtslosigkeit peitschte Ceausescu das Projekt in nur vier Jahren durch und nahm die offiziell 40, inoffiziell aber 400 Todesopfer unter den Bauarbeitern, gelassen in Kauf.
So sollte man ab und zu auch an diese Seite des Transfagarasan denken, während man seine Vorzüge genießt. Und die heißen: breite, griffige Fahrbahn, knackige Steigungen, Kurven und Kehren aller Kaliber. Dazu kommt die einsame, rauhe Bergwelt der Südkarpaten, die den Naturliebhaber in Entzücken versetzt.
Transfagarasan - Abenteuer auf einer der spektakulärsten Straßen Europas
Wer den Transfagarasan von Süden ab der Walachei befährt, gelangt gleich zu Beginn auf ein schmales Sträßchen, das kurvenreich über Viadukte und durch Tunnels durch ein Waldgebiet zirkelt. Es endet am Vidraru-Stausee, der als Startpunkt des zirka 90 Kilometer langen Herzstücks des Transfagarasan gilt. Hinter dem See geht es zunächst auf schmalem, holperigem Asphalt durch den Wald. Doch sobald die Baumgrenze erreicht ist, ändert sich das Bild: die gut ausgebaute und breite Bergstraße erklimmt schräglagenverdächtig die Hänge des Fagaras-Gebirges und geizt nicht mit Kurven, Kehren und Ausblicken hinab in die Täler. In 2.042 Metern Höhe, seinem höchsten Punkt, unterquert der Transfagarasan in einem 900 Meter langen, düstern Tunnel den 2.398 Meter hohen Grat des Paltinu.
Am hinter dem Tunnel auftauchenden Balea-See, einem tiefblauen Gletschersee, erreicht der Transfagarasan einen seiner landschaftlichen Höhepunkte. Der Stopp hier oben ist Pflicht. Auch wegen des Blicks hinab auf die Serpentinen der Nordrampe, die dem Kenner das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Wie gut, dass wir mit dem Bike unterwegs sind. Denn innerhalb der Feriensaison sind die Parkplätze am See schnell überfüllt, und die Autos parken in langen Reihen entlang der Straße. Die Schattenseite des touristischen Aufschwungs des Transfagarasan.
Die Kurven hinab nach Siebenbürgen halten, was sie versprechen und stellen auch den verwöhntesten Alpenspezialisten mehr als zufrieden. Die „Poarta Intalnirii“, das Tor der Begegnung, zieht vorüber. An diesem Felsdurchbruch trafen sich bei Bau des Transfagarasan die beiden von Süden und Norden arbeitenden Mannschaften. Unten im Tal angelangt, wartet das Rätsel des Tages: Durch wie viele Tunnels und über wie viele Viadukte sind wir gefahren? Die Antwort: es waren 830 Tunnels und 27 Brücken.
Transfagarasan - Kulinarische Höhepunkte entdecken
Wie so oft im Osten Europas wird auch in Rumänien gut und deftig gegessen. Die rumänische Küche ist bäuerlich und fleischlastig. Eine große Rolle spielen hausgemachte und gesäuerte Spezialitäten. Käste, Fleisch und Würste kommen ebenso auf den Tisch wie eingelegtes Gemüse. Verhungern muss man also entlang des Transfagarasan keinesfalls. Auch weil die Rumänen äußerst gastfreundlich sind. Ein Sprichwort sagt: „Wer drei Kartoffeln hat, gibt zwei ab.“ Nur das Beste für den Gast. Der typische rumänische Käse ist der Branza de Burduf. Dieser Schafskäse reift ein bis drei Monate in Tannenrinde und wird in den Bucegi-Bergen in den südlichen Karpaten hergestellt. Unser Tipp für danach: Wem das alles zu schwer im Magen liegt, der greift zum Palinca, einem scharf gebrannten Pflaumenschnaps.
Gelegenheiten, auf dem Transfagarasan die Küche der Karpaten auszuprobieren, gibt es reichlich. Zum Beispiel im Restaurant La Cetate, das sich am Fuß des Berges Cetatea südwestlich des Transfagarasan befindet. Mit Blick auf den Vidraru-See speist man im Valea cu Pesti und im Posada Vidraru. Höher hinauf geht es ins Restaurant des Hotels Piscul Negru sowie ins Gasthaus am Balea-See.
Der Transfagarasan ist von Juli bis Oktober geöffnet, ansonsten herrscht Wintersperre. Während der Sommerferien kann es aufgrund der Bekanntheit der Strecke zu Staus kommen. Dann sollte man den Transfagarasan auf jeden Fall früh am Tag angehen.
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